Fast die Hälfte aller Brutvögel (43%) ist auf der Roten Liste aufgeführt. Ein weiterer großer Anteil steht auf der sogenannten Vorwarnliste, in die Vögel mit einem starken Abwärtstrend eintragen werden. Am stärksten sind Vögel der Agrarlandschaft sowie Insektenfresser und Zugvögel bedroht. Trotz verschiedener Schutz- und Erhaltungsmaßnahmen ist keine Trendumkehr beim Bestandsrückgang erkennbar.
14 Arten sind in Deutschland bereits ausgestorben, davon zwei Arten in den letzten fünf Jahren. Sowohl Steinwälzer als auch Würgfalken brüten in Deutschland nicht mehr. Weiteren sechs Vogelarten droht dieses Schicksal ebenfalls in Kürze. Goldregenpfeifer, Bruchwasserläufer, Rotkopfwürger, Raubseeschwalbe, Ohrentaucher und Seggenrohrsänger haben seit mehr als einem Jahrzehnt nicht mehr in Deutschland gebrütet. Sollte sich dran nichts ändern, werden sie spätestens 2024 ebenfalls für ausgestorben erklärt.
Das Hauptproblem ist, dass den Vögeln immer mehr Lebensraum genommen wird und sich zudem die Nahrungssituation prekär gestaltet. Eine Erholung der Bestände dieser Arten wird nur dann eintreten, wenn weniger Pestizide in der Landwirtschaft verwendet und Ersatzlebensräume geschaffen werden.
Doch es gibt auch kleine Lichtblicke. Wenn auch nicht sehr häufig. Dank gezielter Maßnahmen konnten sich die Bestände einiger Greifvogelarten in den letzten Jahrzehnten wieder erholen. Auch die Anzahl der Wald- und Siedlungsvögel nimmt mehrheitlich zu. Zudem konnten Gartenrotschwanz, Goldammer, Haussperling, Rotmilan und Uferschwalbe aus der Vorwarnliste gestrichen werden.
Baumpieper, Rauchschwalbe, Weißstorch, Wespenbussard und Steinkauz sind nicht mehr unmittelbar gefährdet und befinden sich nun auf der Vorwarnliste. Bei Wendehals und Trauerseeschwalbe konnten ebenfalls gute Erfolge verbucht werden. Dennoch sind beide Vogelarten weiterhin auf der Roten Liste zu finden. Sie sind jedoch nicht akut vom Aussterben bedroht. Eine ehemals ausgestorbene Art, der Triel konnte sogar wieder angesiedelt werden. Zudem ist der schneeweiße Silberreiher aus Süd- und Südosteuropa nach Deutschland eingewandert.
Doch all dies ist nicht genug. Trotz der bisherigen Vogelschutz-Maßnahmen konnte keine Verbesserung der Gesamtsituation erreicht werden. Die Herausgeber der Roten Liste fordern deshalb ein nationales Vogelrettungsprogramm, in dem wirksame Maßnahmen zum Vogelschutz erarbeitet und umgesetzt werden.